Das Thema “Comics” im Kunstunterricht an einer Gesamtschule zu unterrichten liegt nahe, da Schüler sich in der 7. und 8. Klasse sehr für Bildergeschichten interessieren und motiviert sind, diese auch zeichnerisch herzustellen. Mangas sind beliebt, auch Micky Mouse und Superman sind allgemein bekannt.

Ein Comic hat viel gemeinsam mit einer Filmsequenz und mit Zeichentrickfilmen, so gibt es genügend Gründe, Schüler mit der visuellen Darstellungsform von Geschichten zu konfrontieren, mit ihnen die Art und Weise, wie Bilder in einer Sequenz wahrgenommen werden und wie durch unterschiedliche Ausschnitte (Totale, Halbtotale, Zoom) Inhalte visuell interessanter werden, zu erarbeiten. Mit Hilfe von Text und Dialogblasen und auch mit Onomatopoesie (Lautmalerei) werden Inhalte transportiert und Verknüpfungen erreicht, durch Farbe und die Art der Zeichnung werden die Bilder visuell ansprechend gestaltet. Die Charaktere, die am Anfang entwickelt werden müssen, sollen zwar in unterschiedlichen Positionen und mit veränderter Gestik und Mimik dargestellt werden, aber doch fortlaufend gleich, so dass die Geschichte verstanden werden kann. Diese sehr unterschiedlichen und wichtigen Merkmale werden mit den Schülern und Schülerinnen im Unterricht erarbeitet.

Binnendifferenzierung

Darüber hinaus bietet dieses Thema die Möglichkeit der Binnendifferenzierung gerecht zu werden. Die Schüler können in ihrem eigenen Tempo und mit ihren ganz individuellen zeichnerischen Erfahrungen ihre Geschichten erzählen. Schnelle Schüler produzieren mehrere Seiten oder fertigen sehr detaillierte, farbig ausgestaltete Zeichnungen an, während langsame und zeichnerisch wenig begabte Schüler eine Arbeit abliefern, in der die Figuren, Hintergründe und Perspektiven vereinfacht dargestellt werden. Dies ist im heutigen Kunstunterricht besonders wichtig, da wir es mit sehr unterschiedlichen Schülern zu tun haben, die alle in das Unterrichtsgeschehen integriert werden wollen, trotz des extremen Gefälles.

Natürlich deckt das Thema auch inhaltlich unterschiedliche Interessen ab und wird der Tatsache gerecht, dass wir es in diesen Jahrgangsstufen mit sehr verschiedenen Entwicklungsstufen zu tun haben. Die Schüler können sich süße Tiergeschichten ausdenken oder coole Teenage-Lovestorys zeichnen oder auch verwegene und möglicherweise bluttriefende Aktionstorys auf das Papier bringen, es ist alles möglich. Selbst wenn ein Schüler oder eine Schülerin überhaupt keine Idee hat, kann er oder sie eine schon vorgegebene Geschichte (in diesem Fall die des Drachentöters St. Georg) in Bilder umsetzten und sich so am Thema beweisen.

Kunstgeschichtliche Einordnung

Historisch betrachtet kann das Thema den Schülern die unterschiedlichen Vorläufer der Comics näherbringen, angefangen von den ersten von Menschenhand gefertigten Zeichnungen in den Höhlen von Südfrankreich über die altägyptischen damals sehr bunten Grabreliefs, die uns das Leben der Ägypter vor 4000 Jahren näher bringt bis zum Teppich von Bayeux, auf dem in 60 farbigen Bildern mit Text schon im 11. Jahrhundert die Eroberung der Engländer durch die Normannen bei Hastings visualisiert wurde.

Im Mittelalter dann wurden Geschichten bildlich dargestellt, um die Bevölkerung zum Beispiel mit den Mythen der Bibel vertraut zu machen. Buchillustrationen und besonders die Tafeln der Bänkelsänger, farbig und oft künstlerisch wertvoll brachten auch im ausgehenden Mittelalter noch die Welt des Wissens und der Geschichte dem Volk näher. Im 18. Jahrhundert war es William Hogarth, der mit seinen karikierenden Bildfolgen der Gesellschaft seiner Zeit den Spiegel vorhielt und so tat es auch Wilhelm Busch im 19. Jahrhundert. Der Buchdruck machte eine größere Verbreitung möglich und die Zeitungen veröffentlichten Karikaturen und “Comic-Strips”, die beliebt waren und immer mehr Leser gewannen.

Im ausgehenden 19. Jahrhundert kam zum ersten Mal mit “The Yellow Kid” (1896) ein Comic in den Zeitungen und spätestens Anfang des 20. Jahrhunderts kulminiert die Bandbreite der Merkmale zum ersten Mal in der heute bekannten Comicreihe “Tim und Struppi” (ab 1929) vom belgischen Zeichner Hergé. Mit seinen klaren Linien, seinen vereinfachten Charakteren, der Farbe und den Sprechblasen beeinflusste er ganze Generationen von Comic-Zeichnern. Speedlines und Aktionlines machen Bewegungsabläufe deutlich, Lautmalerei verdeutlicht Geräusche, Ausschnitte werden wie im Film variiert, um größtmögliche Variationsvielfalt zu erlangen und um die Inhalte visuell ansprechend zu transportieren und nicht zuletzt, um Menschen zum Lesen und Anschauen der Geschichten zu animieren.

Mit “Superman” (1938) startete die Comicreihe der Superhelden und zum ersten Mal die Ausrichtung auf die Zielgruppe der Jugendlichen und jungen Erwachsenen. “Micky Maus und seine Freunde” sind wohl die bekanntesten Zeichentrickfiguren, die erst im Nachhinein zu den so bekannten Comic-Helden der Micky-Maus-Hefte wurden.

Unterrichtsvorgehen

Die Schüler haben etwa zehn Doppelstunden an diesem Thema gearbeitet. Vorangegangen waren zeichnerische Versuche, Teile des Gesichts und Gesichtsausdrücke zu zeichnen, auch das karikierende Zeichnen wurde thematisiert, dann war die ganze Figur und deren Proportionen Thema des Unterrichts. Manche Schüler haben sich hier auch an Fantasie-Figuren, Drachen oder Mangas versucht, je nach Interessenslage. Es wurden historische und zeitgenössische Bildbeispiele besprochen und die Merkmale des Comics daran herausgearbeitet. Die Frage, was eine gute Geschichte ausmacht, wurde im Unterrichtsgespräch thematisiert. Um sich an einer bestehenden Geschichte auszuprobieren, wurde als Arbeitsblatt die des Drachentöters St. Georg bearbeitet. Nun sollte sich jeder eine eigene Story und die dazu gehörenden Charaktere ausdenken und das Comic zeichnen. Es gab einen genauen Arbeitsauftrag sowie weitere Arbeitsblätter als Hilfestellung.

Quellen:
Templin, Sabine: Von Bilderzählungen zum Comic. In: Kunst 5-10. Heft Nr. 13. Friedrich Verlag, Seelze 2008

Reher, Dr. phil. Stephan: Bänkelsang und Moritaten – was ist was?
[http://www.moritaten-touren-dresden.de/] Stand: 21.07.2014

Papyrus Hunnefer, Mundöffnungszeremonie. Licensed under Public domain via Wikimedia Commons.
[http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Opening_of_the_mouth_ceremony.jpg Stand: 21.07.2014

Teppich von Bayeux, Wilhelm der Eroberer und seine Halbbrüder Odo von Bayeux und Robert. Licensed under Public domain via Wikimedia Commons.
[http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bayeux_Tapestry_scene44_William_Odo_Robert.jpg] Stand: 21.07.2014

Outcault, Richard Felton: The Yellow Kid. Licensed under Public domain via Wikimedia Commons.
[http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Yellow_Kid_02829v.jpg] Stand: 21.07.2014

Outcault, Richard Felton: The Yellow Kid. Licensed under Public domain via Wikimedia Commons.
[http://en.wikipedia.org/wiki/File:1896-11-15_Yellow_Kid.jpg] Stand: 21.07.2014